Nachhaltigkeit in Brandenburg
26.07.2021
Von der Energiewende zum Gewässerschutz: Brandenburg steht vor großen Nachhaltigkeitsherausforderungen. Das RIFS beteiligt sich als Potsdamer Institut aktiv an der Nachhaltigkeitsarbeit in Brandenburg.
Das Land Brandenburg, mit seiner Landeshauptstadt Potsdam, ist mit einer Einwohnerzahl von 2.5 Millionen Menschen auf einer Fläche von 29.476 Quadratkilometern eines der bevölkerungsärmsten Bundesländer in Deutschland. Brandenburg ist das zudem das gewässerreichste Land in der Bundesrepublik und ist ländlich geprägt: Rund 45 Prozent seiner Fläche werden landwirtschaftlich genutzt und ca. 5300 Betriebe waren 2016 in der Landwirtschaft tätig. Andere wichtige Wirtschaftszweige sind die Stahl-, Auto- und Chemieindustrie sowie der Energiesektor, Medien und Tourismus.
Brandenburg steht – wie viele Bundesländer – vor großen Nachhaltigkeitsherausforderungen: Agrarwende, Energiewende, Mobilitätswende, Transformation der Lausitz, Anpassung an den Klimawandel, Förderung der ländlichen Räume, Wiederbelebung der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie und Wasserversorgung und Gewässerschutz seien hier beispielhaft genannt.
Insbesondere die Energiewende und das damit verbundene Ende des Braunkohleabbaus in der Lausitz werden in Brandenburg stark diskutiert, weil sie zu einem tiefgreifenden Strukturwandel in den betroffenen Regionen führen. Diesen Strukturwandel effektiv und nachhaltig sowie demokratisch und gerecht zu gestalten, ist eine Herausforderung für Akteure auf allen Ebenen. Regionale Kooperations- und Konfliktbeziehungen in Wirtschaft und Gesellschaft, der nationale und internationale politische Rahmen, historische Prägungen und aktuelle Dynamiken sind nur einige der Dimensionen, die den anstehenden Wandel bedingen.
Auch die Windenergie spielt in Brandenburg eine große Rolle, das Land ist eines der drei stärksten Windenergieländer in Deutschland. Ein erfolgreicher und sozialverträglicher Ausbau der Windenergie erfordert einen intensiven Dialog, Transparenz und Akzeptanz in der Bevölkerung.
Nicht zuletzt sei die Ansiedlung einer Gigafactory des Autobauers Tesla in Brandenburg erwähnt, die heftige Diskussionen über Wirtschaftswachstum, Naturschutz sowie Wasser- und Energieverbrauch unter den Brandenburgerinnen und Brandenburgern auslöste.
Die Landesregierung nimmt sich dieser Themen aktiv an und hat im Jahr 2014 ihre erste Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet. In der Strategie sind fünf Handlungsschwerpunkte gesetzt: (i) Wirtschaft und Arbeit in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg, (ii) Lebenswerte Dörfer und Städte, (iii) Brandenburg als Modellregion für Energiewende und Klimaanpassung, (iv) Zukunftsfähige Finanzpolitik sowie (v) Bildung und Nachhaltige Entwicklung.
Vier Jahre später, im Jahr 2018, wurde ein Fortschrittsbericht zur Umsetzung der Landesnachhaltigkeitsstrategie veröffentlicht, der die Handlungsschwerpunkte erneut aufgreift. Im Jahr 2019 wurde die Landesnachhaltigkeitsstrategie fortgeschrieben. Insbesondere wurde die Strategie an die 2015 auf globaler Ebene verabschiedeten Nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals – SDGs) der Vereinten Nationen (UN) angepasst, so dass die Entwicklungen im Land Brandenburg mit der nationalen und internationalen Ebene vergleichbar sind. Außerdem wurde die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie weiter konkretisiert. Um die schon 2018 geforderte Einbeziehung der Zivilgesellschaft zu fördern, wurde ein neues Projekt - die Nachhaltigkeitsplattform Brandenburg - ins Leben gerufen.
Mit dem Koalitionsvertrag, der im November 2019 offiziell unterzeichnet wurde, verpflichtet sich die Landesregierung zur vollständigen Überarbeitung der Landesnachhaltigkeitsstrategie. Zudem legte sie die Wiedereinberufung eines Nachhaltigkeitsbeirates fest, der im Februar 2021 durch Ministerpräsident Dietmar Woidke ernannt wurde. Er besteht aus sechs Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Jugend und Wirtschaft. Der Beirat ist mit Befassungs- und Anhörungsrechten sowie Vorschlagsrechten ausgestattet. Er wird durch die Staatskanzlei des Landes koordiniert – ein starkes Signal für die nachhaltige Entwicklung in Brandenburg und die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie.
Das RIFS beteiligt sich als Potsdamer Institut aktiv an der Nachhaltigkeitsarbeit in Brandenburg. Zum einen bringt sich das RIFS in zahlreiche Veranstaltungen der Landeshauptstadt ein, um so in den Dialog mit Einwohnerinnen und Einwohnern zu treten und die Arbeit des Institutes bekannt zu machen. Zudem gibt es Kooperationen mit Potsdamer Schulen und Bürgerdialoge zu den unterschiedlichen Themen, die das RIFS erforscht. Zum anderen stellt das RIFS sein Fachwissen zur Verfügung, um die Arbeit der Landesregierung zu unterstützen, und forscht zu den Nachhaltigkeitsherausforderungen, denen sich das Land in der Zukunft stellen muss.
Die Nachhaltigkeitsplattform Brandenburg
Die Nachhaltigkeitsplattform Brandenburg wurde 2019 gegründet und wird vom Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) finanziert. Ziel der Plattform ist es ein aktives Kommunikationsforum und ein lebendiges Netzwerk für die vielfältigen Nachhaltigkeitsinitiativen im Land zu bieten. Durch die Vernetzung von regionalen Initiativen werden Synergieeffekte sichtbar, die es zu nutzen gilt, um so die Bemühungen um ein nachhaltiges Brandenburg voranzubringen. Zusätzlich bietet die Plattform ein Forum für den Austausch von Erfahrungen, um ein „voneinander Lernen“ der Initiativen zu ermöglichen.
Anliegen und Wünsche aus der Region können über die Arbeit der Plattform an die zentralen Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft herangetragen sowie in die zentralen Prozesse zur Weiterentwicklung der Landesnachhaltigkeitsstrategie einbezogen werden. Die Geschäftsstelle der Nachhaltigkeitsplattform ist am RIFS angesiedelt. Sie koordiniert die tägliche Arbeit der Plattform, betreut die thematischen Arbeitsgruppen und die Steuerungsgruppe, entwickelt die Webseite und sowie innovative Formate zur Vernetzung. Mehr Informationen zur Plattform finden Sie hier.
Herzstück der Plattform ist eine 23-köpfige Steuerungsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern von Kommunen, Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Jugend und Wirtschaft. Sie lenkt die Arbeit der Plattform und setzt deren Themenschwerpunkte. Des Weiteren vertieft die Plattform ihre Arbeit in fünf thematischen Arbeitsgruppen, die die Zukunftsthemen für Nachhaltigkeit im Land ausleuchten.
Diese Arbeitsgruppen sind:
- Rahmenbedingungen der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit. Hier werden insbesondere das Thema Wasser und Anpassung an den Klimawandel diskutiert.
- Nachhaltige Digitalisierung
- Beteiligung
- Nachhaltige Unternehmensführung in kleinen und mittelständischen Unternehmen
- Nachhaltige Kommunen
Beteiligung an den Arbeitsgruppen ist für alle Interessierten offen.
Unter https://plattform-bb.de haben Initiativen die Möglichkeit, Mitglied zu werden und sich zu vernetzen. Für Fragen steht die Geschäftsstelle unter der E-Mail nachhaltigkeitsplattform [at] iass-potsdam [dot] de zur Verfügung.
Der Nachhaltigkeitsbeirat Brandenburg
Der Beirat unterstützt die Landesregierung bei der Weiterentwicklung der Landesnachhaltigkeitsstrategie, bietet politik- und anwendungsorientierte Expertise zu den Nachhaltigkeitsthemen des Landes und arbeitet eng mit der Nachhaltigkeitsplattform zusammen, um so eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft zu gewährleisten. Ortwin Renn vom RIFS ist Vorsitzer des sechsköpfigen Gremiums. In der Phase von 2021 bis 2022 liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf zwei Themen: der resilienten Erneuerung nach der Corona-Krise mit den Schwerpunkten Digitalisierung sowie Leben, Lernen und Arbeiten, auch im ländlichen Raum, sowie der Umsetzung der Energiewende in Brandenburg mit dem Fokus auf CO2-freien Industrieprozessen. Mehr Informationen zum Beirat finden Sie hier.
Sozialer Strukturwandel in der Lausitz
Mit dem Ende des Kohleabbaus verliert die Lausitz nicht nur einen wichtigen Wirtschaftszweig, sondern auch einen identitätsstiftenden Fixpunkt. Was bedeutet dieser Verlust, wie kann er zu einer Chance für nachhaltiges Leben und Arbeiten werden und wie kann der Weg dahin gestaltet werden? Dazu forscht und berät dieses RIFS-Projekt.
Drei praxisorientierte Fragen strukturieren die transformative Forschung des Teams:
- Wie können Kooperationen in der Lausitz im Sinne eines demokratischen Strukturwandels gestaltet werden und welche Rolle spielt lokales Wissen darin?
- Wie prägen überregionale Rahmensetzungen, zum Beispiel in der Klimapolitik, den Lausitzer Strukturwandel?
- Wie lassen sich Spannungen zwischen ökonomischen und demokratischen Arenen für einen gerechten und nachhaltigen Wandel bearbeiten?
Weitere Informationen zum Projekt erhalten Sie hier.